Haldensleben „Auf einer Skala von eins bis zehn – wo ordnen Sie Ihre Schmerzen ein?“, fragt Steffi Klingbeil vom AMEOS Klinikum Haldensleben einen Patienten auf der Intensivstation. Erst gestern wurde dem 56- Jährigen eine Niere entfernt. Die OP ist gut verlaufen. Nun beginnt die routinemäßige Nachsorge. Sie streichelt beruhigend seinen Arm und kontrolliert seine Vitalzeichen und seine
Atmung. Nach kurzem Überlegen sagt der Patient: „Sechs“.
Mithilfe einer nummerischen Schmerzskala können Patientinnen und Patienten ihre subjektiv empfundenen Schmerzen einordnen. Eine „10“ steht für „stärkste vorstellbare Schmerzen“ und eine „0“ für keine Schmerzen. „Wo genau tut es Ihnen weh?“ fragt die Pflegekraft. Sie nimmt sich Zeit für den Patienten und geht im Gespräch auf seine Beschwerden ein. Sie dokumentiert die Aussage in der Patientenkurve. Steffi Klingbeil beruhigt dem Patienten mit dem Versprechen so schnell wie möglich mit der behandelnden Ärztin seine Schmerzmedikation zu überprüfen. Mit einem letzten Blick auf Mimik und Körperhaltung des Patienten verlässt sie lächelnd den Raum und öffnet bereits die Tür zum nächsten Patientenzimmer.
Mehrmals täglich besucht Steffi Klingbeil alle Patientinnen und Patienten der Station und bespricht gemeinsam mit dem ärztlichen Personal die Schmerzsituation aller Patienten. Hier und dort muss die Dosierung angepasst oder ein weiteres Medikament zur Behandlung von anderen Beschwerden verabreicht werden. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten die richtige Dosierung der Medikamente zu verabreichen.
Schnittstelle und Beraterin
Trotz Fortschritten in der Schmerzforschung ist die Behandlung von Schmerzen im Klinikalltag oftmals problematisch. Viele Patientinnen und Patienten leiden an starken postoperativen Schmerzen. Das ist nach einem operativen Eingriff durchaus normal, jedoch sollte niemand unter den Schmerzen leiden. Menschen mit der Fachqualifikation „Pain Nurse“ sollen sich genau um dieses Thema kümmern: Die Pain Nurse beschäftigt sich mit der Schmerztherapie und der Pflege von schmerzintensiven Patientinnen und Patienten, schult und sensibilisiert zum Thema Schmerzen Patienten und ärztliches Personal gleichermaßen und sorgt für ein qualifiziertes Schmerzmanagement auf den Stationen.
„Das ärztliche Personal geht morgens früh durch die Zimmer und dann anschließend in den OP. Ich bin einfach näher am Patienten, sehe die Entwicklung“, sagt Steffi Klingbeil. Und weiter: „Das macht es für die Betroffenen oft leichter, die eigenen Beschwerden und Ängste zu äußern.“
Expertin in Sachen Schmerzmanagement
Wie hat sich ihr Arbeitsalltag seit der Ausbildung zur „Pain Nurse“ verändert? „Man schaut schon viel genauer hin. Ich bin viel aufmerksamer und sensibler geworden. Die Selbsteinschätzung der Patientin oder des Patienten geht immer vor einer Fremdeinschätzung“, beantwortet Steffi Klingbeil die Frage. Seit sieben Jahren arbeitet sie bereits im Klinikum und schult als qualifizierte Pain Nurse nun auch ihre Kolleginnen und Kollegen.
Dem 56-Jährigen Patienten geht es zunehmend besser. Dank der gezielten Diagnose im Rahmen der Schmerztherapie, muss er zwar noch einige Tage im Klinikum bleiben, aber Steffi Klingbeil und ihr Team werden es ihm so angenehm wie möglich machen. Denn nichts beeinträchtigt unsere Lebensqualität so sehr wie Schmerzen.