Großes Interesse aber auch dringender Informationsbedarf war im Publikum spürbar, als Nora Kaulitz beim Patienten-Akademie-Themenabend zu Demenz über den Erhalt der Selbstständigkeit und Alltagskompetenz sprach. Die Standortleitung Therapie im AMEOS Klinikum gab in dem lebendigen Vortrag einen umfassenden Überblick über dieses Beschwerdebild – verknüpft mit hilfreichen Tipps für Angehörige.
Eingangs klärte die Vortragende auf, dass eine Demenz den fortschreitenden Verlust geistiger, emotionaler und sozialer Fähigkeiten bedeutet. Geistige Funktionen wie die Lernfähigkeit und die Orientierung nehmen ab. Es können das Kurzzeitgedächtnis, das Denkvermögen, die Sprache und die Motorik betroffen sein.
Ende 2021 lebten in Deutschland fast 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Im Jahr 2021 waren es 440.000 Menschen im Alter von über 65 Jahren, die neu an einer Demenz erkrankt. Weil die Menschen älter werden, nimmt auch die Anzahl von Betroffenen zu. Die häufigste Form ist die Alzheimererkrankung. In Kombination mit Gefäßerkrankungen betrifft „Alzheimer“ über 60 Prozent aller Demenzerkrankungen.
„Ursache einer Demenz ist oft eine Anhäufung krankhafter Eiweißstoffe im Gehirn“, so Kaulitz. Leider wisse man noch nicht, wie genau der Vorgang ablaufe. Ein weiterer Auslöser könnten Durchblutungsstörungen im Gehirn in Betracht kommen, gefolgt vom Absterben von Gehirnzellen. Seltenere Ursachen sind Alkoholmissbrauch, Stoffwechselerkrankungen sowie Hormon- und Vitaminmangelzustände.
Ausführlich widmete sich Kaulitz der Diagnostik von Demenz. Sie rät dazu, eine Erstdiagnose durch den Hausarzt vornehmen zu lassen. Darüber hinaus sei auch der Gang zum Facharzt angezeigt, wenn der Verdacht für eine dringende ärztliche Abklärung besteht und das über den Hausarzt nicht möglich ist.
Kaulitz gab konkrete Tipps: „Wenn jemand nicht zum Hausarzt gehen will, dann kann man die Person vielleicht überzeugen, indem eine Routine-Untersuchung vorgeschoben wird“, so die Expertin. Man müsse mitunter mit Tricks arbeiten, weil sich Demenzpatienten oft auch uneinsichtig zeigten. Die Vortragende gab viele praktische Ratschläge, wie der Umgang mit Erkrankten gehandhabt werden kann. So sei es auch angebracht, ein Netzwerk aus Unterstützern und Nachbarn zu knüpfen, wenn noch keine akute Pflegebedürftigkeit besteht. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sei allerdings auch die Unterbringung in einem Pflegeheim eine Option.
Der Schwerpunkt des Vortrages waren die Therapiemöglichkeiten: Training wie Gehirnjogging oder Rätseln kann in einem frühen Stadium helfen. Weiterhin können Ergotherapie, Medikamente, Kunst- und Musiktherapie, Orientierungstraining und Biografiearbeit sowie Verhaltenstherapie zur Verbesserung der Alltagskompetenz beitragen, zählte Kaulitz auf. Eine große Bedeutung misst die Standortleiterin der Ergotherapie und auch der Physiotherapie bei. Durch Training können Stürze vermieden und die allgemeine Mobilität und damit Selbstständigkeit erhalten werden. Sie sagt aber auch: „Mit verschiedenen Maßnahmen kann eine Stabilisierung und Verlangsamung der Erkrankung erreicht werden, auch wenn eine Heilung nicht möglich ist.“
Kaulitz erwähnte Unterstützungsangebote von Fachgesellschaften und Netzwerken und widmete sich auch dem Thema der Prävention. Insbesondere ein aktiver Lebensstil mit sozialen Kontakten unterstützt von einer gesunden, mediterranen Ernährung könne helfen, dass eine Demenz gar nicht erst durchschlägt.
In der anschließenden Gesprächsrunde mit dem Publikum wurden individuelle Fragen allgemeinverständlich beantwortet, ohne dass eine konkrete Beratung stattfand.
Nach diesem Vortrag ist die Patienten-Akademie Alfeld in die Sommerpause gegangen. Fortgesetzt wird die Reihe mit medizinischen Themen für Laien am Mittwoch, den 13. September 2023. Dann wird über Bluthochdruck informiert. Die Patienten-Akademie Alfeld ist ein Gemeinschaftsangebot des Vereins der Freunde und Förderer des Alfelder Krankenhauses zusammen mit dem AMEOS Klinikum Alfeld. Der Eintritt ist wie immer frei.