Bernburg. In der Aula des Carolinum Gymnasiums in Bernburg herrscht am Morgen des 14. November 2023 ein ungewöhnliches Treiben: Vereinzelt liegen Jugendliche auf dem Boden, Kleingruppen drum herum, es wird gemurmelt, diskutiert, gelacht. Auf einem großen Tisch liegen Beatmungsmasken, ein Defibrillator und andere Utensilien. Am Boden stehen hier und da rotweiße Nachbildungen von Oberkörpern aus Kunststoff. Statt der üblichen Ethik- und Chemiestunden erhalten 34 Neuntklässler eine außergewöhnliche Unterrichtsstunde in Reanimation und Erster Hilfe.
Im Einsatz von Grundschule bis Gymnasium
Die Verantwortung für diese besondere Lehrstunde übernehmen Sandy Kneist, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am AMEOS Klinikum Bernburg, und die Stationsleiterin Sabrina Ritter-Adamski. Seit vier Jahren besuchen die beiden gemeinsam Schulen, um Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über Erste Hilfe und Reanimation zu vermitteln. Ursprünglich begann ihre Initiative mit einer Anfrage der Grundschule in Köthen im Rahmen der Verkehrserziehung. „Im Laufe der Zeit hat sich herumgesprochen, mit wie viel Herzblut und Engagement wir den Kindern diese wichtigen Fähigkeiten vermitteln können“, erklärt Oberärztin Kneist. Das heutige Pilotprojekt mit zwei neunten Klassen des Carolinum Gymnasiums zeigt, dass diese Unterrichtseinheiten auch bei älteren Schülern Anklang finden. „In der Grundschule haben wir stets genügend Neugierde und Freiwillige. Wir dachten, ältere Schüler könnten zurückhaltender sein, aber das wurde schnell widerlegt“, so Ritter-Adamski.
Von der Theorie bis zur Praxis ist alles dabei
Die Inhalte sind vielfältig: Von der Bedeutung der Ersten Hilfe bis hin zu Herzdruckmassagen, dem Erlernen der stabilen Seitenlage und der Anwendung von Defibrillatoren. Durch den Einsatz des medizinischen Fachpersonals erleben die Mädchen und Jungen ein spannendes und lebenswichtiges Unterrichtsprojekt. Der Direktor der Schule, Torsten Wiehle, begeistert von der Initiative, erklärt: „Leider ist das Thema Erste Hilfe und Wiederbelebung nicht im Lehrplan. Ich bin sehr dankbar darüber, dass wir auf diese Weise durch Profis das Wissen vermittelt bekommen.“
Bewusstlose Frau im Einkaufszentrum muss reanimiert werden
Eine besonders eindrucksvolle Übung ist das inszenierte Rollenspiel in einem Kaufhaus, in dem zwei Schüler, Lennox Meier und Adrian Tourner, ihre neu erworbenen Kenntnisse anwenden. Eine Übungspuppe fungiert als regungslose Passantin. An ihr demonstrieren sie beherzt ihre Fähigkeiten in der Reanimation. Eine Apothekerin, gespielt von Frau Kneist, reicht ihnen einen Laien-Defibrillator, der mit gezielten Anweisungen dazu beiträgt, die simulierten Rettungsmaßnahmen erfolgreich abzuschließen. Lennox kommentierte später seine Erfahrung und hob die Unterstützung durch den Defibrillator hervor: „Ich fand’s einfacher mit. Man hat Unterstützung und fühlt sich nicht so allein.“
Arbeitsalltag: erfolgreiche Einsätze und schwere Entscheidungen
Während der Unterrichtseinheit teilt die Ärztin lebendige Geschichten aus ihrem Arbeitsalltag, sowohl von erfolgreichen Wiederbelebungen als auch von Momenten, in denen die Anstrengungen vergeblich waren. Sie spricht auch über die schwierigen Entscheidungen, Reanimationsversuche abzubrechen, wenn die Situation aussichtslos ist und der Patient keine Aussicht auf Lebensqualität mehr haben würde. Sie bezieht die Jugendlichen immer wieder mit ein, indem Sie in den Erfahrungsaustausch mit ihnen geht. Abschließend ermutigt Oberärztin Kneist die Schüler, sich an das Gelernte zu erinnern: „Prüfen - rufen - drücken! Das einzige, was ihr falsch machen könnt, ist, nichts zu tun.“
Positive Bilanz bei allen Beteiligten
Die Begeisterung der Schüler ist spürbar, und sogar Pläne für Praktika im AMEOS Klinikum Bernburg werden geschmiedet. Schwester Sabrina zeigt sich stolz darüber, nicht nur lebensrettende Fähigkeiten zu vermitteln, sondern auch potenziellen Nachwuchs für die medizinische und pflegerische Berufswelt zu gewinnen. Lehrer Herr Schreiner ist positiv überrascht über das Engagement seiner Schüler und betont: „Sowas sollten wir öfter machen. Das kommt bei den Schülern gut an, besonders in der neunten Klasse, da jetzt viele die Moped-Prüfung machen.“
Am Ende der intensiven 90 Minuten lädt Oberärztin Kneist alle interessierten Schüler ein, ein Praktikum im Krankenhaus zu absolvieren und sich selbst ein Bild von der Arbeit dort zu machen. „Wer möchte, darf bei uns auch mal drücken bei einer Reanimation“, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu. Die Initiative von Kneist und Ritter-Adamski zeigt nicht nur die Bedeutung von Erste-Hilfe-Maßnahmen, sondern eröffnet auch den Schülern einen Einblick in die Welt der Medizin und des Gesundheitswesens - eine Erfahrung, die ihr Leben und das anderer eines Tages retten könnte.
Interesse? Dann melden Sie sich gern!
Oberärztin Kneist hat den Wunsch, noch mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an das lebenswichtige Thema heranzuführen. Der nächste Einsatz ist im Dezember am FH-Campus in Bernburg geplant. Haben Sie ebenfalls Interesse an diesem besonderen Reanimationskurs, dann wenden Sie sich gern direkt per E-Mail an Sandy Kneist. Unter: sboe.anae@bernburg.ameos.de.
AMEOS Ost verbindet die 19 AMEOS Einrichtungen an zwölf Standorten in Sachsen-Anhalt mit insgesamt 1.900 Betten bzw. Behandlungsplätzen. Mit rund 4.100 Mitarbeitenden zählen wir zu den größten Arbeitgebern der Region. AMEOS sichert die Gesundheitsversorgung in den Regionen: An über 50 Standorten in unseren Krankenhäusern, Poliklinika, Reha-, Pflege- und Eingliederungseinrichtungen sind wir Vorreiter in Medizin, Pflege und Betreuung. Rund 18.000 Mitarbeitende kümmern sich jährlich um das Wohlergehen von über einer halben Million Menschen. Denn für AMEOS gilt: Vor allem Gesundheit.
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