Starke Schmerzen, schiefe Schultern oder ein Rippenbuckel – die Symptome einer seitlichen Verkrümmung der Wirbelsäule, der sogenannten Skoliose, sind zahlreich. Während eine leichte Skoliose infolge einer Wachstumsstörung oft mit Physiotherapie oder Korsetts behandelt werden kann, erfordert die verschleißbedingte und sehr schmerzhafte degenerative Skoliose meist einen operativen Eingriff. Karoly Szalai ist leitender Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen. Im Interview informiert der erfahrene Wirbelsäulenchirurg über die unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten bei Skoliose.
Herr Szalai, wie entsteht eine Skoliose?
Karoly Szalai: Eine Skoliose kann verschiedene Ursachen haben. In jungen Jahren führt die Fehlbildung eines Wirbelkörpers häufig zum Fehlwachstum der Wirbelsäule. Diese sogenannte juvenile Skoliose beeinflusst dann auch die weiteren Wachstumsprozesse im Körper. Ein „Rippenbuckel“ entsteht beispielsweise, damit mehr Platz für die Lunge vorhanden ist, die durch die verkrümmte Wirbelsäule zur Seite gedrängt wird. Wesentlich häufiger ist allerdings die meist altersbedingte degenerative Skoliose. Sie entsteht durch Verschleiß der kleinen Wirbelsäulengelenke oder wird durch einen Bandscheibenschaden verursacht. Das ist oft ein Teufelskreis. Die Schmerzen führen zu einer Fehlhaltung und Überlastung der Gelenke und das beschleunigt dann wiederum das Fortschreiten der degenerativen Skoliose. Auch Osteoporose (Knochenschwund) wirkt sich verstärkend aus.
Woran erkennt man eine Skoliose?
Karoly Szalai: Die ersten Symptome, insbesondere bei einer degenerativen Skoliose, sind Schmerzen. Diese können im Wirbelsäulenbereich auftreten oder auch in die Beine ausstrahlen. Hinzu kommen deutliche Bewegungseinschränkungen. Die Betroffenen können sich beispielsweise schlechter nach links als nach rechts beugen. Typische äußerliche Anzeichen sind unterschiedlich hohe Schultern, einseitig vorstehende Rippen oder eine ungleich geformte Taille. Im unbekleideten Zustand sieht man auch meist die typische S-förmige Verkrümmung der Wirbelsäule.
Wie wird die Wirbelsäulenkrümmung behandelt?
Karoly Szalai: Das hängt vom Ausmaß der Skoliose und ihrer Ursache ab. Vor allem im Wachstumsalter kann eine beginnende oder sogar teils fixierte Verkrümmung mit Krankengymnastik und Rückenorthesen oder modernen Rückenkorsetts erfolgreich therapieren. Bei einer verschleißbedingten Skoliose ist eine Operation jedoch oft unumgänglich, um Schmerzen zu lindern, einer weiteren Verkrümmung vorzubeugen und vor allem um Organe zu schützen. Ein typischer Eingriff bei der Erwachsenenskoliose ist die Begradigung und Versteifung der Wirbelsäule. Diese bei uns häufig durchgeführten Operation wirkt der Verkrümmung und ihren Begleiterscheinungen dauerhaft entgegen. Ziel des Eingriffs ist neben der Korrektur der Wirbelsäule immer auch eine Schmerzreduktion.
Wie verläuft eine Wirbelsäulen-Operation?
Karoly Szalai: Wenn die nichtoperativen Therapiemaßnahmen keine Option mehr darstellen, wählen wir das erfolgversprechendste und risikoärmste Operationsverfahren aus. Dabei orientieren wir uns am individuellen Krankheitsbild, aber auch am Alter und allgemeinen Gesundheitszustand. Von minimalinvasiven Eingriffen über Bandscheibenersatz und Wirbelsäulenbegradigung bis hin zum kompletten Wirbelkörperersatz nutzen wir eine große Bandbreite besonders schonender Methoden. Die Wirbelsäulenchirurgie gehört zu den operativen Schwerpunkten in unserer Klinik, das gesamte Oberhausener Team im AMEOS Klinikum St. Clemens Oberhausen ist sehr erfahren und versiert. Nachdem wir die Wirbelsäule sorgfältig untersucht und vermessen haben, entscheiden wir gemeinsam mit den Betroffenen, ob und welcher Eingriff erfolgt.
Wie geht es nach der Operation weiter?
Unmittelbar nach der Operation steht die Mobilisierung an. In der Regel können und sollen die Betroffenen schon am ersten Tag nach der OP aufstehen und erste Schritte gehen. Anschließend folgt die Regenerationsphase, in der nach Abheilung insbesondere die durch die Fehlhaltung falsch beanspruchten Muskeln wieder aufgebaut werden. Auch gequetschte Nerven, die teils über Jahre Schmerzreize weitergeleitet haben, müssen sich nun langsam erholen. Auch in dieser Zeit sind wir für unsere Patientinnen und Patienten da und begleiten sie zum Beispiel mit ambulanten Rehabilitationsmaßnahmen im AMEOS Reha Zentrum Oberhausen.
Wie sind die Erfolgsaussichten nach einer solchen OP?
Karoly Szalai: Im Allgemeinen sehr gut, gerade was die Linderung der Schmerzen und die Verbesserung der Beweglichkeit angeht. Die Betroffenen sind oftmals erstaunt, dass die versteifende Wirbelsäulenoperation die Beweglichkeit und Agilität steigert und somit die Lebensqualität verbessert. Zudem beugt man komplexen Folgeerkrankungen vor und hat nach einem erfolgreichen Eingriff wieder mehr Freude am Leben.