Bereits mit  den ersten warmen Temperaturen im März kamen sie aus ihren Überwinterungsquartieren: Die Zecken! Seit Wochen steigt die Gefahr, dass sich einer der lästigen Blutsauger auf der Haut des Menschen niederlässt, zusticht -  umgangssprachlich meist als Zeckenbiss bezeichnet - und möglicherweise gefährliche Krankheiten überträgt.

Auch wenn der Salzlandkreis nicht zu den Risikogebieten zählt, sollte man in der Natur nicht vollkommen unachtsam unterwegs sein. Denn Myriaden dieser Milben warten auch hier im Gras auf ihre Opfer. Dr. med. Jan Schreiber, Chirurg am AMEOS Klinikum Aschersleben: „Zecken halten sich meist in Wiesen oder Büschen auf. Dass sie sich von Bäumen fallen lassen, ist eine Mär. Auch beißen sie nicht, sondern stechen.“

Während Zecken  nach dem Stich Blut saugen, können sie etwa die Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME-Viruserkrankung) und der bakteriellen Erkrankung Lyme-Borreliose übertragen. Die Borreliose ist laut Robert Koch-Institut (RKI) europaweit  die am häufigsten durch Zecken übertragene Krankheit. Sie zeigt sich bei mehr als 80 Prozent der infizierten Personen an der Haut als sogenannte Wanderröte (Erythema migrans), durchschnittlich sieben bis 10 Tage nach der Infektion – gelegentlich sogar bis zu 30 Tagen.  In diesem Fall ist dann eine Antibiotika-Therapie angezeigt.

In Einzelfällen entwickeln sich daraus auch heftige Nervenschmerzen und Lähmungen oder Gelenkbeschwerden. Eine rechtzeitige Behandlung mit Antibiotika ist in bis zu 95 Prozent der Fälle erfolgreich. Wobei in bestimmten Fällen eine mehrmonatige medikamentöse Therapie von Nöten ist.

Seltener ist die FSME (Gehirnentzündung), die vorübergehend oder dauerhaft zu Lähmungen, Krampfanfällen, Gleichgewichts- oder Sprachstörungen führen kann. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland insgesamt 444 FSME-Erkrankungen an das RKI übermittelt. Im Vorjahr (2018)  waren es noch 583 gemeldete Fälle. Dies beudeutet eine Abnahme von 24 Prozent gegenüber dem Jahr 2018. Das RKI stellte dazu fest: „Die jährliche Fallzahl seit 2001 schwankt stark zwischen einem Minimum von 195 (2012) und einem Maximum von 584 (2018).“

Das  RKI stellte zudem fest, dass das Infektionsrisiko bei Menschen nach einem Zeckenstich ab dem 40. Lebensjahr deutlich ansteigt und das Erkrankungsrisiko bei männlichen Personen größer ist als bei weiblichen.

Flächendeckende Risikogebiete bleiben weiterhin Bayern (46 Prozent der Infektionsorte) und Baden-Württemberg (37 Prozent der Infektionsorte). Als Hochzeit der FSME-Erkankungen gelten die Monate Mai bis Oktober.

Inwieweit diese  FSME-Daten dem realen Infektionsaufkommen entsprechen, ist nicht nachprüfbar. So werden beispielsweise viele Fälle der hochansteckenden Norovirus-Gastroenteritis gar nicht dem RKI gemeldet – obwohl die Erkrankung meldepflichtig ist.

Dr. Schreiber: „Hat die Zecke einmal zugestochen, erfolgt die Übertragung von FSME-Viren innerhalb der ersten Stunden über den Speichel des Tieres. Bei Borrelien hingegen dauert die Übertragen auf den Menschen etwas länger. Sie gelangen oft erst mehr als 12 Stunden nach dem Zeckenstich aus dem Darm des Tieres in den Menschen. Deshalbt sollte die entdeckte Zecke unverzüglich entfernt werden.“

Wenn sich eine Zecke  – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen –  erst einmal in die meschliche Haut gebort hat, sollte die Zecke sofort und rückstandlos aus der Haut entfernt werden. Nur dies minimiert das Infektionsrisiko. Aber Achtung: Oftmals ist das Tier nur als kleiner schwarzer Punkt sichtbar. Zecken verankern sich beim Stich mithilfe kleiner Widerhaken an ihrem Stechrüssel in der Haut.

Experten empfehlen spezielle Zeckenpinzetten. Aber auch normale Pinzetten, die am orderen Teil nach innen gebogen sind, können dazu verwendet werden. Das Werkzeug sollte möglichst nah an der Haut des Menschen angesetzt werden, um die Zecke an deren Mundwerkzeugen zu erfassen und gerade herauszuziehen. Das Hinterteil der Zecke darf dabei nicht zerquetscht werden. Auch das Herausdrehen der Zecke sollte unterbleiben. „Von der Verwendung von Öl oder Klebstoff als Entfernungsmethode rate ich gänzlich ab.  Die Zecke erstickt dadurch und sondert dabei Krankheitserreger ab“, so Dr. Schreiber.  

Ein weiteres Hilfswerkzeug ist die Zeckenkarte. Sie hat eine v-förmige Auslassung, in der die Zecke fixiert und dann mit einer Schiebebewegung aus der Haut gelöst werden kann.

Nach der vollständigen Entfernung der Zecke sollte die Stelle mit einem Wunddesinfektionsmittel behandelt werden. Nach einem Zeckenstich behält man die Hautstelle etwa sechs Wochen lang im Blick. Dr. Schreiber: „Nur so lässt sich etwa die Wanderröte als Folge eines Zeckenstichs erkennen. Wenn ein bis zwei Wochen nach dem Biss grippeähnliche Symptome auftreten, ist es wichtig, einen Arzt hinzuzuziehen.“ Eine Rötung unmittelbar nach der Entfernung wird als normal angesehen.

Dr. Schreiber: „Die Angst der Menschen vor einem Zeckenstich und den möglichen gesundheitlichen Auswirkungen ist groß. Unsere Erfahrungen in der Notaufnahme zeigen, dass viele Patienten selbst bei unspezifischen Einstichreaktionen sofort eine Antibiotika-Therapie einfordern, obwohl es sich nicht um einen Zeckenstich handelt.“ (thn)

Quelle:

Lyme-Borreliose – aktueller Kenntnisstand, Roland Nau, Hans-Jürgen Christen, Helmut Eiffert, in: Deutsches Ärzteblatt 09/2009, S. 72-81

Epidemiologische Bulletin Nr. 7, 14. Februar 2019, Hrsg: Robert Koch-Institut

Epidemiologische Bulletin Nr. 8, 20. Februar 2019, Hrsg: Robert Koch-Institut