Der Valentinstag ist der Tag der Liebe und somit der perfekte Tag, sich Zeit für eine Runde Kuscheleinheiten zu nehmen. Doch welchen Einfluss hat das Kuscheln und das damit verbundene ausgeschüttete Oxytocin auf eins der wichtigsten Organe des Menschen – das Herz? Wir sprachen mit Swaroop Varghese dem Leitenden Oberarzt der Klinik für Kardiologie am AMEOS Klinikum Halberstadt.

 

Was ist Oxytocin?
Beim Umarmen von Eltern, Partnern, Kindern oder Haustieren breitet sich ein angenehmes Gefühl aus – verursacht durch das Neurohormon Oxytocin. Dieses Hormon wird im Hypothalamus gebildet und gelangt über die Hirnanhangsdrüse in den Blutkreislauf. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen und wird oft als Bindungshormon oder Kuschelhormon bezeichnet, da es das Vertrauen in Partnerschaften stärkt sowie sexuelle Erregung auslöst.

Welche Wirkung hat das Hormon auf das Herz?
Oxytocin hat generell positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden. Es wirkt sich auf die Reduktion von Stress aus und beeinflusst den Blutdruck. Darüber hinaus wurde kürzlich gezeigt, dass es die Herzfunktionen nach einem Herzinfarkt verbessern kann.

Kann Oxytocin das Herz nach einem Herzinfarkt regenerieren und wie?
Laut einer Studie der Michigan State University in den USA kann ein hoher Oxytocinspiegel dazu führen, dass bestimmte Zellen in der Herzwand sich wieder in Stammzellen differenzieren. Diese unreifen Vorläuferzellen könnten dann neue Herzmuskelzellen bilden und somit die Regeneration geschädigter Herzabschnitte unterstützen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Frontiers in Cell“ und „Developmental Biology“ 2022 veröffentlicht.

Inwiefern kann Oxytocin den Blutdruck senken?
Oxytocin beeinflusst sowohl zentral als auch peripher die Mechanismen zur Regulation des arteriellen Blutdrucks. Es erhöht die alpha-2 Reaktionsfähigkeit im Gehirn, was zu einer Senkung des arteriellen Drucks und einer Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) führt. Durch Modulation des autonomen Nervensystems bewirkt es eine Senkung der Herzfrequenz und Kontraktilität sowie eine Verringerung des Gefäßwiderstands in peripheren Blutgefäßen und eine Erhöhung des renalen (zur Niere gehörig) Blutflusses, was wiederum zu einer harntreibenden Wirkung und einer Reduzierung des Blutvolumens führt.

Darüber hinaus reguliert Oxytocin den Spiegel des Cortisolhormons, welches allgemein als das Stresshormon bekannt ist. Im Grunde genommen wirkt Cortisol stimulierend auf den Menschen und erhöht seine Wachsamkeit und Leistungsfähigkeit in herausfordernden Situationen. Bei chronischem Stress hingegen hat Cortisol negative Auswirkungen auf die Gesundheit des Individuums, einschließlich der Erhöhung von Bluthochdruck. Gemäß einer Studie der Universität Uppsala in Schweden wurde festgestellt, dass Oxytocin eine lindernde Wirkung auf die sogenannte HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) im Gehirn hat, an deren Ende die Freisetzung des Stresshormons Cortisol steht.

Auf physiologischer Ebene bewirkt Oxytocin daher eine Reduzierung von Stress oder dessen Folgen und trägt dazu bei, dass man sich entspannter fühlt.

Was kann man selbst dafür tun, das Oxytocin freigesetzt wird?
Oxytocin wird neben der Geburt insbesondere in Situationen ausgeschüttet, die als angenehm zwischenmenschliche Interaktionen empfunden werden: dazu gehören Kuscheln, Sex, Massagen sowie zärtliche Berührungen oder Umarmungen.

Es wird vermutet, dass das Hormon auch durch andere stimulierende Sinneseindrücke ausgeschüttet werden kann, wie angenehme Gerüche und Klänge sowie Licht und Wärme oder ein geschmacksvolles Erlebnis.

Gibt es weitere Hormone, die eine heilende Wirkung aufs Herz haben und wenn ja, welche?
Das weibliche Hormon Östrogen hat einen relevanten, das Herz schützenden Effekt. Es reguliert den Blutdruck und verbessert die Fettwerte und wirkt gefäßschonend. Aus diesem Grund besteht bei postmenopausalen Frauen (mit Östrogenmangel) ein vergleichbares Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie bei Männern.

Manche Hormone wie zum Beispiel Endorphine – auch bekannt als Glückshormon – werden beispielsweise durch sportliche Betätigung oder sexuelle Aktivität ausgeschüttet. Diese verbessern die Stimmung, stärken das Herz und schützen vor Herzproblemen.

Was empfehlen Sie Patientinnen und Patienten, um ein gesundes Herz aufrecht zu erhalten?
Es ist essentiell, dass man regelmäßig Sport treibt, das Rauchen meidet, sich gesund ernährt, zum Beispiel mediterran und ein angemessenes Körpergewicht anstrebt. Zusätzlich sollte man darauf achten, genug Schlaf zu bekommen sowie für ausreichende Entspannung zu sorgen.

Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt Männern und Frauen ab dem 40. Lebensjahr regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen zur frühzeitigen Erkennung und Behandlung von Herzkreislauferkrankungen wie beispielsweise koronare Herzerkrankung, Bluthochdruck, Diabetes sowie Fettstoffwechselstörungen. Personen mit familiärer Vorbelastung sollten bereits vor dem 40. Lebensjahr entsprechende Untersuchungen in Anspruch nehmen. Ab einem Alter von 18 Jahren kann man sich einmal jährlich und ab einem Alter von 35 Jahren alle drei Jahre einer regelmäßigen ärztlichen Untersuchung bei seinem Hausarzt oder seiner Hausärztin unterziehen. Die Kosten dafür werden von der Krankenkasse übernommen.

Wie lautet Ihre Empfehlung daher für alle zum Valentinstag?
Ich wünsche allen einen zauberhaften Valentinstag und viel Freude an diesem besonderen Tag. Möge jeder von Ihnen schöne Momente erleben, die die Ausschüttung von Oxytocin fördern!

Das Interview führte Katja Stützer
Kommunikation&Kooperation