Schlaganfall
Jeder Schlaganfall ist ein Notfall und sollte so schnell wie möglich in einer für die entsprechende Diagnostik und Therapie ausgerichteten Klinik behandelt werden.
Die Klinik für Neurologie und Neurophysiologie am AMEOS Klinikum Oldenburg ist für die akut-neurologische Versorgung der Region zuständig. Sie verfügt über eine zertifizierte Schlaganfall-Spezialstation (Stroke Unit) mit einer hochmodernen Ausstattung zur Versorgung von Patienten und Patientinnen mit akutem Schlaganfall.
Ein Schlaganfall (engl. Stroke) ist Folge einer Durchblutungsstörung des Gehirns.
Diese kann verursacht sein durch:
- eine Mangeldurchblutung (Ischämie), weil ein das Gehirngewebe versorgendes Blutgefäß verschlossen ist.
- eine Blutung durch den plötzlichen Riss eines Blutgefäßes.
- eine Blutung aus einer Gefäßaussackung, einem Aneurysma.
In der Folge erhalten Nervenzellen im Gehirn zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe, so dass sie absterben. Wenn es zu einer örtlichen Mangeldurchblutung im Gehirn gekommen ist, spricht man von einem Hirninfarkt.
Die Mangeldurchblutung ist mit 80 Prozent die häufigste Ursache eines Schlaganfalls. In 20 Prozent der Fälle kommt es durch den plötzlichen Riss eines Blutgefäßes zu einer Blutung ins Hirngewebe (intrazerebrale Blutung – 15 Prozent) oder in die Hirnflüssigkeitsräume (Subarachnoidalblutung – 5 Prozent).
Belal Ali Jabr
Chefarzt Neurologie, Facharzt für Neurologie, Zusatzbezeichnung Intensivmedizin in der NeurologieDurch einen Schlaganfall entstehen neurologische Ausfälle, die folgendermaßen aussehen können:
- Plötzliche Schwäche oder Gefühlsstörung einer Körperseite
- Plötzlicher Verlust der Sprache oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen
- Plötzliche Sehstörung, insbesondere auf einem Auge
- Plötzlich auftretende, ungewöhnlich heftige Kopfschmerzen
- Vorübergehende Doppelbilder
- Plötzlich einsetzender Schwindel mit Gangunsicherheit
Diese Erscheinungen können Symptom eines Schlaganfalls sein. Sie sollen unbedingt ernst genommen werden. Rufen Sie umgehend den Notarzt und schildern Sie die Symptome.
Jedes Jahr erleiden in Deutschland etwa 300.000 Menschen einen Schlaganfall, er gehört zu den häufigsten schweren Erkrankungen.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind:
- hohes Lebensalter
- hoher Blutdruck
- Zuckerkrankheit/Diabetes
- erhöhte Blutfettwerte
- Nikotinkonsum/Rauchen
- Übergewicht und Bewegungsmangel
- Herzerkrankungen
Die meisten Risikofaktoren begünstigen ursächlich Arteriosklerose , die Verkalkung und Schädigung der Blutgefäße, die dann ihrerseits oft Ursache für den Schlaganfall ist.
Die Arteriosklerose fördert zudem Herzerkrankungen, die durch häufig begleitende Rhythmusstörungen ebenso ein Risikofaktor für einen Infarkt sind. Etwa 75 Prozent der Schlaganfälle treffen Menschen nach dem 65. Lebensjahr; bei über 75-Jährigen ist die Rate dreimal so hoch wie bei den 65–75-Jährigen.
Rasche Diagnose, optimale Behandlung
In der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des AMEOS Klinikums Oldenburg gibt es eine Schlaganfallstation (Stroke Unit), auf der Schlaganfallpatienten und -patientinnen rasch diagnostiziert und optimal behandelt werden können.
Spezielle Ausstattung für Schlaganfallpatienten
Diese Station ist technisch als auch personell ausgestattet für eine besonders intensive Betreuung von Patienten und Patientinnen mit akutem Schlaganfall, die auf einer Normalstation nicht gewährleistet werden kann. Hier arbeitet ein Team aus besonders geschulten Ärzten und Ärztinnen, Pflegefachkräften, Therapeuten und Therapeutinnen aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sowie Sozialarbeitern und -arbeiterinnen. Ziel der Versorgung in einer Stroke Unit ist die möglichst rasche Verbesserung bzw. die Vermeidung einer Zunahme der Symptome. Das ist in der ersten Krankheitsphase noch möglich. Die Schlaganfallstation hat im Wesentlichen folgende Aufgaben:
- die unmittelbare Diagnostik des Schlaganfalls als Voraussetzung für eine gezielte Therapie
- die kontinuierliche Überwachung von Blutdruck, Herzaktion, Sauerstoffgehalt im Blut, Blutzucker und Temperatur einschließlich des Blutflusses der zum Hirn führenden Blutgefäße durch spezielle Geräte (Monitore)
- Darüber hinaus soll rasch eine gezielte medikamentöse Therapie einschließlich der Überwachung ihrer Nebenwirkungen erfolgen.
- Weiterhin wird frühzeitig mit der Rehabilitation durch das Pflegeteam und die Therapeuten und Therapeutinnen aus den Bereichen der Physiotherapie (Krankengymnastik), Ergotherapie (Beschäftigungstherapie) und Logopädie (Sprachtherapie) begonnen.
Besonders wichtig ist die kollegiale Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des Klinikums.
Durch einer Kardiologin oder einen Kardiologen kann bei Bedarf eine intensive Untersuchung des Herzens erfolgen. Gegebenenfalls muss bereits auf der Schlaganfallstation ein neurochirurgischer, neuroradiologisch-interventioneller oder gefäßchirurgischer Eingriff geplant werden.
Bei Ankunft in der Stroke Unit wird jeder Patient und jede Patientin genau befragt, wie es zu dem Schlaganfall gekommen ist und welche Vorerkrankungen bestehen. Gleichzeitig werden engmaschig Blutdruck, Herzaktion und Sauerstoffgehalt im Blut überwacht.
Untersuchung des Gehirns
Anschließend erfolgt eine ausführliche neurologische und internistische Untersuchung. Es wird eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie des Kopfes (Schichtaufnahmen des Kopfes) durchgeführt, um zwischen einem Hirninfarkt und einer Hirnblutung zu unterscheiden, da davon die weitere Diagnostik und Behandlung abhängig ist. Handelt es sich um einen Hirninfarkt, wird das verschlossene Gefäßes mit einer Infusion (Thrombolyse) oder mittels Katheter angestrebt. Per Ultraschall werden die Gefäße des Halses und des Gehirns untersucht, weitere Laboruntersuchungen finden statt.
Untersuchung des Herzens
Für die Diagnostik des Herzens kommen zwei Verfahren in Frage: per Ultraschall von außen (transthorakale Echokardiographie) oder von innen über die Speiseröhre, um kleine Blutgerinnsel und Klappenveränderungen genau erkennen zu können. Für diese wird ein Schlauch in die Speiseröhre eingeführt (transösophageale Echokardiographie, sog. Schluck-Echokardiographie), vergleichbar mit einer Magenspiegelung. Die Untersuchung wird von den kardiologischen Kollegen und Kolleginnen durchgeführt.
Innerhalb der nächsten Tage können bei Bedarf weitere Untersuchungen erfolgen: eine spezielle Untersuchung des Kopfes mit Hilfe der Kernspintomographie, Langzeit-EKG, Herzbelastungstest und andere.
Nach Vorliegen und Auswertung der Untersuchungsergebnisse kann über die weitere, langfristige Therapie zur Verhinderung weiterer Schlaganfälle entschieden werden.
Von Akut bis Aufklärung
Die Therapie auf der Schlaganfallstation wird unterteilt in Akuttherapie, Sekundärprophylaxe (Schlaganfallvorbeugung) sowie Therapie der Risikofaktoren.
Akuttherapie
Bei der Lysetherapie wird das für den Gefäßverschluss ursächliche Blutgerinnsel medikamentös auflöst. Das ist nur sinnvoll in den ersten drei bis maximal sechs Stunden nach Beginn der Symptomatik. Andere gerinnungshemmende Medikamente sollen eine Verschlechterung oder einen erneuten Schlaganfall verhindern.
In der Akuttherapie wird auch versucht, Bereiche im Gehirn, die zwar kurzzeitig geschädigt wurden, sich aber erholen können, zu erhalten. Zurzeit werden Medikament erforscht, die dieses zu erhaltene Gewebe schützen sollen. Darüber hinaus sind ein ausreichend hoher Blutdruck, eine genügende Sauerstoffzufuhr, ein normaler Blutzucker und eine normale Körpertemperatur zur Erhaltung dieses Gewebes notwendig. Deshalb wird insbesondere in den ersten zwei bis drei Tagen ganz besonders darauf geachtet.
Sekundärprophylaxe
Unter der Schlaganfallvorbeugung (Sekundärprophylaxe) versteht man die längerfristige Behandlung, die einen weiteren Hirninfarkt verhindern soll. Es gibt im Wesentlichen drei Medikamente (ASS und Clopidogrel), die verhindern sollen, dass Blutplättchen verklumpen und zu Gefäßverschlüssen führen. Andere blutverdünnende Therapien sind Marcumar® oder direkte orale Antikoagulantien (Apixaban, Dabigatran, Edoxaban, Rivaroxaban), die Blut ähnlich wie bei einem Bluter gerinnungsunfähig machen. Bei einer hochgradigen Einengung einer Halsschlagader kann in bestimmten Situationen eine Operation dieser Einengung oder eine Aufdehnung durch einen Katheter notwendig und sinnvoll sein.
Relevant ist auch in dieser Phase gute Blutdruckeinstellung, eine gute Blutzuckereinstellung und möglicherweise eine spezielle, fettarme Diät, die ggf. medikamentös unterstützt wird.
Aufklärung
Zur Behandlung auf der Schlaganfallstation gehört auch eine umfangreiche Aufklärung über den Schlaganfall, die von der Vorsorge bis zur Nachsorge reicht.
Der Aufenthalt auf der Schlaganfallstation beträgt in der Regel ein bis drei Tage. Anschließend wird die Patientin oder der Patient für weitere Diagnostik auf eine Allgemeinstation verlegt. Von dort kann die direkte Überweisung in eine Rehaklinik oder eine Pflegeeinrichtung erfolgen. Wird die Patientin oder der Patient nach Hause entlassen, ist das auch mit Unterstützung durch einen Pflegedienst möglich.
Schlaganfall: So erkennen Sie ihn und das ist zu tun
Achtung: Folgende Anzeichen, die plötzlich oder innerhalb der letzten Stunden aufgetreten sind, können ein Hinweis auf einen Schlaganfall sein und gehören sofort akut-neurologisch abgeklärt. Dabei ist es unerheblich, ob ein oder mehrere Symptome zutreffen.
- Bewusstseinsstörungen (verminderte Reaktion auf deutliche, laute Ansprache) bis Koma
- einseitige Koordinationsstörungen
- Gefühlsstörungen
- Orientierungslosigkeit / Verwirrtheit
- plötzliche, stärkste Kopfschmerzen
- Schwindel
- Sehstörungen
- Sprachstörungen (unverständliche Wörter, oder falsche, zusammenhangslose Worte)
- Sprechstörungen (undeutliches Sprechen)
- Stand- und Gangunsicherheit
- Schwindel
Wenn Sie eines oder mehrere dieser Symptome bei sich oder jemand anderem bemerkten, auch wenn diese nur flüchtig und vorübergehend sind, alarmieren Sie sofort den Rettungsdienst 112, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten!
Die häufigsten Fehler von Patienten und Patientinnen und Angehörigen sind:
- abwarten ("das geht schon wieder von alleine weg / ist bestimmt nur ein eingeklemmter Nerv")
- zum Hausarzt oder -ärztin in die Praxis gehen oder gar auf einen Facharzttermin warten
Das sollten Sie also nicht tun, sondern den Rettungsdienst rufen.
Externe Links:
Schlaganfall Hilfe
Schnelles Handeln zählt
AMEOS Podcast
Bei Verdacht auf Schlaganfall muss schnellstmöglich gehandelt werden. In dieser Folge des AMEOS MittenDrin Podcasts spricht Dr. Jonas Repenthin, Chefarzt an der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie am AMEOS Klinikum Oldenburg, über Symptome, Behandlungsmöglichkeiten und mögliche Folgen eines Schlaganfalls.