Vor 14 Jahren bekam Andreas Weippert zum ersten Mal die Diagnose Depression. Wie ihm geht es auch vielen anderen Bremern: Im Jahr 2017 erhielten rund 86.000 Menschen diese Diagnose.  Das sind 20.000 mehr als noch im Jahr 2009. Wie dieser Anstieg zu erklären ist und welche Herausforderungen Depressionen für die Arbeitswelt bedeuten, darüber sprach buten un binnen-Moderatorin Lea Reinhard mit ihrem Studiogast Prof. Dr. Uwe Gonther.

„Depressionen sind schwere Krankheiten. Es gibt sie wirklich, sie sind keine Einbildung“, betont der Ärztliche Direktor und Chefarzt am AMEOS Klinikum Bremen. Die zunehmende Anerkennung von Depressionen als Krankheit und die gestiegene Aufmerksamkeit für das Thema hat laut dem Psychologen zum Anstieg der Diagnosen im Land Bremen geführt. 2009 bekamen 66.046 Menschen die Diagnose Depression, was einem Anteil von 13 Prozent entspricht. 2017 waren es 85.866 Erkrankte und damit 16 Prozent.

Allerdings betont Prof. Gonther, dass nicht nur die erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema zu mehr diagnostizierten Fällen führt, sondern auch real mehr Menschen Depressionen haben. Denn trotz des stärkeren Engagements und erhöhten Ressourcen steigen die Zahlen weiter an.

Das hat mehrere Gründe: „Einsame Menschen werden eher depressiv“, sagt Prof. Gonther. Die Einsamkeit in der Gesellschaft nähme zu, genauso wie die Überlastung im Arbeitsleben. Zudem würden sich die Menschen zu wenig bewegen.

Die Folgen eines solchen ungesunden Lebensstils stellen eine große Herausforderung für die Arbeitswelt dar. Menschen mit Depressionen rutschen in die Arbeitslosigkeit ab und finden selten einen Ausweg. Jede zweite Frühverrentung geht auf Depressionen zurück.

Die Arbeitswelt müsse sich darauf einstellen, mit der Krankheit umzugehen, fordert Prof. Gonther. Als sehr erfolgsversprechend sieht er an, dass große Firmen in Bremen sogenannte IN-EX-Kräfte anfragen. Diese Personen berichten der Belegschaft von ihren eigenen Erfahrungen mit Depressionen und weisen unter anderem auf Frühwarnzeichen hin. Prof. Gonther geht davon aus, dass sich mit den steigenden Zahlen auch die Hilfsangebote für Betroffene immer weiter verbessern werden.

 

Die Geschichte von Andreas Weippert und das vollständige Interview mit Prof. Gonther standen bis zum 18. Januar 2021 in der Mediathek von buten un binnen zur Verfügung.