Steffen Lange, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin des AMEOS Klinikums Staßfurt, sprach mit uns nicht nur über die Entstehung von Tumorerkrankungen, sondern auch über die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten und Vorbeugemaßnahmen.


Chefarzt Lange, wodurch können Tumore und Tumorerkrankungen entstehen?

Jährlich erkranken rund 500.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Bei ca. 3/4 dieser Menschen ist eine direkte Ursache nicht nachweisbar. Sehr wahrscheinlich liegen bei diesen Patienten genetische Ursachen zugrunde. Zum Beispiel sind 70 Prozent der Lungenkrebspatienten erwartungsgemäß Raucher. Aber 30 Prozent dieser Patienten waren lebenslang Nichtraucher. Daher müssen hier andere (wahrscheinlich genetische) Ursachen zugrunde liegen.

Neben dem Rauchen gibt es auch andere Faktoren, die eine Krebserkrankung begünstigen. Diese werden als Lifestyle-Faktoren bezeichnet. Übergewicht, Bewegungsarmut und ballaststoffarme Ernährung fördern z. B.  Darmkrebs. Auch der häufige Genuss von geräucherten bzw. gegrillten Lebensmitteln erhöht das Krebsrisiko durch Aufnahme von freigesetzten Nitrosaminen. Konservierungsstoffe in Lebensmitteln und die in Verpackungsmaterial enthaltenen Weichmacher können ebenso krebsförderlich sein. 

Auch Umweltfaktoren spielen eine große Rolle. Hierzu zählt beispielsweise eine starke Sonneneinstrahlung. Daher ist der Schutz der Haut vor der Sonneneinstrahlung mit entsprechenden Cremes und Lotionen sehr wichtig. Bei Asbest ist die krebserzeugende Wirksamkeit (Lungenkrebs) gut belegt. Neben Lifestyle- und Umweltfaktoren sind auch Viren und Bakterien ursächlich für Krebserkrankungen. Deshalb wird auch die Impfung von jungen Mädchen gegen humane Papillomaviren (HPV) empfohlen, weil diese Viren Gebärmutterhalskrebs hervorrufen.


Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Operation ist immer die beste Möglichkeit, Krebs zu behandeln, wenn der Tumor vollständig entfernt werden kann. Daneben sind die Bestrahlung und die Chemotherapie immer noch wichtige Säulen der Krebstherapie. In den letzten zehn bis 15 Jahren haben zielgerichtete Therapien mit Antikörpern und sogenannten kleinen Molekülen an Bedeutung gewonnen, da mit diesen Therapiendie Tumorzelle gezieltangegriffen werden kann und gesunde Zellen geschont werden. Oft können diese neuen Therapien auch in Tablettenform erfolgen.


Kann einer Tumorerkrankung vorgebeugt werden? Wenn ja, wie?

Diese Frage kann man eindeutig mit ja beantworten. Tägliche körperliche Aktivität (mindestens 30 bis 60 Minuten pro Tag), ein normales Körpergewicht sowie eine gesunde Ernährung (ballaststoffreich, viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch) schützen nicht nur vor Herz- und Kreislauferkrankungen sondern auch vor Krebs. Natürlich sollte man nicht rauchen und Alkohol nicht regelmäßig und nur in kleinen Mengen zu sich nehmen. Spezielle Krebsdiäten werden propagiert, deren Nutzen ist aber wissenschaftlich nicht belegt. Wenn man regelmäßig Obst und Gemüse isst, benötigt man auch keine zusätzlichen Vitamine in Form von Tabletten.